Nicht fummeln Liebling!
Inhalt
- Filmdaten und Filmplakat
- Preise und Auszeichnungen
- Handlung mit Fotos
- Original Kino-Trailer
- Besetzung (Schauspieler, Darsteller)
- Stab (Filmcrew)
- Cineastische Erfolge
- Gesellschaftliche Bedeutung
- Pressefotos und Standfotos
- Digitale Restaurierung 2018 und Doppel-DVD
- Pressestimmen und Kritiken
- Weitere Filmbewertungen mit Filmausschnitten (Minitrailer)
Filmdaten und Filmplakat
Dreharbeiten: Sommer 1969
Drehorte: München und Umgebung
Kino-Premiere: 9. Januar 1970, Theater am Rudolfplatz in Köln
Film-Länge: 87 Minuten
Filmgenre: Deutsche Polizisten-Komödie mit Appell an die 68er-Bewegung zur Gewaltfreiheit
Filmstil: » Neue Münchner Gruppe
Filmverleih: Paramount
Preise und Auszeichnungen
Für ihren zweiten großen Kinofilm erhalten May Spils und Werner Enke am 28. Januar 1970 im Kino Cinema Paris in Berlin den Ernst-Lubitsch-Preis als beste deutschsprachige Film-Komödie.
Den Ernst-Lubitsch-Preis zu Ehren des großen deutschen Regisseurs und Schauspielers Ernst Lubitsch (1892 – 1947) gibt es seit 1958.
Verliehen wird der Preis Jahr für Jahr vom Club der Filmjournalisten Berlin e.V. an einen Filmemacher für die beste deutschsprachige Film-Komödie.
Handlung mit Fotos
Charly, ein Schwabinger Spinner-Typ mit skurrilem Charme möchte den Tag lieber ruhig angehen. Einzig die Angst, frühzeitig seine Haarpracht zu verlieren, treibt ihn ernsthaft um.
Als er bei seiner Freundin zu Hause rausfliegt, findet er Unterschlupf bei seinem Freund Harry. Charly ist gegen alles. Er protestiert gegen alles. Auch gegen den Protest.
Profi-Fummler Harry (Henry van Lyck) lebt in einer Art Kommune von potentiellen “Kaufhauszündlern” und Revoluzzern.
Sie planen einen Kaufhausbrand in München, der auf dem Klo des Kaufhauses seinen Anfang nehmen soll, um, wie sie sagen, ein politisches und ideologisches Fanal zu setzen.
Ihre pseudophilosophische Begründung, warum ausgerechnet das Kaufhaus-Klo brennen muss, soll politisch sein und lautet (so Otto Sander im Film):
“Das Kaufhaus ist DER Umschlagplatz der heutigen Konsumgesellschaft. Das Kernstück des Kaufhauses ist das Klo als letzte Zuflucht des spätkapitalistischen Menschen. Hier wird alles, was vorher gekauft und gefressen wird sozusagen zum zweiten mal umgeschlagen.”
Bei einer Zündelprobe im Moor mit einem provisorischen Kaufhaus-Modell ist Charly eher dranglos mit von der Partie.
Doch das Treiben der Revoluzzer-Bande bleibt nicht unbemerkt: Charly wird zusammen mit Revoluzzer Lux von der Polizei dingfest gemacht und in eine Zelle einer Münchner Polizeiwache gesteckt.
Dort lernen sie in der Gefängniszelle den schweren Bunken Öl (Benno Hoffmann) kennen, der durch Charlys lockere Plaudereien Wind von dem geplanten Kaufhaus-Coup kriegt.
Profi-Knacker Öl beschließt daraufhin auszubrechen und fragt die beiden, ob sie mitkommen.
Doch Charly befreit sich lieber später gewaltlos aus seiner Zelle, indem er den Zellenwärter überzeugt, dass jeder das Zeug zum Bestseller-Autor hätte.
Eingelullt von Charly und kühnen Träumen vom großen Schriftsteller-Erfolg nimmt der Wärter Charlys Platz auf der Zellenpritsche ein, weil man nur dort richtig “denken” kann.
Dabei schläft der Wärter ein. Charly kann ihm seine Polizeiuniform abluchsen und damit schließlich aus der Polizeiwache entkommen.
Wieder im Freien und von Polizisten verfolgt, kann er flüchten dank Christine (Gila von Weitershausen), einer flotten Schwabinger Studentin, die gerade im offenen Cabrio vorbeifährt.
Unverhofft erlebt Charly mit Christine, die spontan Gefallen an ihm findet, einen romantisch-poetischen Nachmittag in und um München.
Nach seinem Ausflug mit Christine versteckt sich Charly unbemerkt vor Ladenschluß in der Bade- und Campingabteilung eines Münchner Kaufhauses.
Sein Auftrag: er soll kurz nach Mitternacht Harrys Revoluzzer-Truppe und Öl mit einem Kumpanen ins Kaufhaus lassen, um ihren Coup zu landen.
Doch bevor es so weit ist, hat Charly erst mal Christine eingeladen, ihm nach Ladenschluss als “Nachtwächter” Gesellschaft zu leisten.
Ausgelassen vertreiben sich die beiden die Zeit in der menschenleeren Modeabteilung, kommen sich näher und verbringen schließlich ein romantisches Schäferstündchen in der Campingabteilung.
So vergessen sie Raum und Zeit und Charly verschwitzt seinen Auftrag, die längst draußen wartende, bunt zusammengewürfelte Truppe aus Revoluzzern und Langfingern ins Kaufhaus reinzulassen.
Da greift der ausgebuffte Ganove Öl in das Geschehen ein und die Sache nimmt plötzlich einen gefährlichen Lauf.
Zu guter Letzt endet alles glimpflich, ohne dass das Kaufhaus größeren Schaden nimmt wie von den Münchner Revoluzzern beabsichtigt. Und Charly resümiert: “Der alte Schwung ist hin”.
Original Kino-Trailer
Der Kino-Trailer zu Nicht fummeln Liebling! kann im 4:3-Format bei Youtube aufgerufen werden:
Besetzung (Schauspieler, Darsteller)
Charly: Werner Enke
Christine: Gila von Weitershausen
Harry: Henry van Lyck
Herbert Öl: Benno Hoffmann
Charlys Freundin: Elke Hart
Revoluzzer Otto: Otto Sander
Lux (Kohlenhändler): Jean Launay
Reni Tenz: Ingrid Stahl
Polizeiausbilder Müller: Hans Fries
Regisseur (Bavaria Atelier): Manfred Rudolph
Klaus-Peter Pumm (Tennisspieler): Michael Cromer
Gefängniswärter Bumski: Johannes Buzalski
Kasimir (Wurstdieb): Kasimir Esser
Starlets: Iris Gras, Sabine A. Wengen
Schauspieler (Bavaria Atelier): Karl Schönböck
Schauspielerin (Bavaria Atelier): Erica Beer
Stab (Filmcrew)
Regie: May Spils
Buch: Werner Enke (Peter Schlieper)
Film-Drehbuch: May Spils, Werner Enke
Kamera: Hubs Hagen, Nikolaus Schilling
Regieassistenz: Helmut Reininger
Musik: Kristian Schultze
Ton: Clemens Brendel
Schnitt: Ulrike Froehner
Skript: Christine Willschrei
Bühne: S. Treml
Maske: Gerda Bublitz
Standfotos: Gerold Jung
Presse: Heinz Riedel
Aufnahmeleitung: Manfred von Berg
Produktionsleitung: Bodo E. Schwope
Herstellungsleitung: Hans Fries
Produktion: Cinenova Film
Verleih: Paramount
Cineastische Erfolge
Die Polizisten-Komödie Nicht fummeln Liebling! war 1970 der zweite Kino-Spielfilm vom Erfolgsduo Spils & Enke nach dem preisgekrönten Millionenerfolg » Zur Sache Schätzchen von 1968.
Zusammen mit Ein toller Käfer aus der Walt-Disney-Produktion war Nicht fummeln Liebling! der erfolgreichste Kino-Film 1970 aller in- und ausländischen Produktionen in der alten Bundesrepublik Deutschland und bereicherte erneut den Neuen Deutschen Film.
Darüber hinaus erhielt Nicht fummeln Liebling! 1970 die hervorragende Indexzahl 1,4 bei der Filmfachzeitzeitschrift Filmecho/Filmwoche. Die beste, nicht erreichbare, Indexzahl war 1,0.
Erklärung der Indexzahl
Die Indexzahl war Bestandteil einer Kino-Bestenliste, die vom Filmecho durch die monatliche Befragung von 1.100 Kinos in der alten Bundesrepublik seit 1952 erstellt wurde.
Teilnehmende Kino-Betreiber erhielten einmal im Monat eine Postkarte, auf der sie zunächst die Größe der Stadt ankreuzten, in der sich ihr Kino befindet (Kleinstadt, Mittelstadt, Großstadt).
Nach Angabe der Sitzplätze ihres Kinos konnten die Kino-Betreiber dann in einer Liste der aktuell angebotenen Kinofilme Noten vergeben.
Bewertet werden konnten die Bereiche “Geschäft”, “Presse” und “Publikum” mit Noten von 1 (ausgezeichnet) bis 7 (sehr schlecht).
Aus den Durchschnittswerten errechnete Filmecho dann die Indexzahlen, die viele Jahrzehnte lang die wichtigste Rückmeldung für die Filmwirtschaft zum Erfolg eines Filmes waren.
Gesellschaftliche Bedeutung
Die Film-Komödie Nicht fummeln Liebling! nimmt Bezug auf die Kaufhaus-Brandstiftungen am 2. April 1968 in Frankfurt am Main durch eine radikalisierte, gewaltbereite Randgruppe der 68er-Bewegung.
Wie man sich denken kann, fanden es die neomarxistischen, auf Krawall eingestellten Akteure der Kaufhaus-Brandstiftungen seinerzeit gar nicht lustig, wie sie in Nicht fummeln Liebling! auf die Schippe genommen wurden.
Denn der im Film bunt zusammengewürfelte Haufen junger Münchner Multidilettanten hatte sich unverkennbar die Frankfurter Akteure zum Vorbild genommen und ahmte diese ohne erwartbaren Ernst nach.
Dabei meinten die Frankfurter Akteure von bitterer Entschlossenheit getrieben, sie müssten die von ihnen als rein kapitalistisch und imperialistisch wahrgenommene Welt mit Gewalt verändern.
So konnten die gewaltbereiten Akteure noch weniger darüber begeistert sein, dass die sie in Frage stellende Film-Komödie auch noch ein Erfolg an den westdeutschen Kinokassen war und “kapitalistisches Geld” einspielte.
Nicht fummeln Liebling! kann also als hochpolitischer Film verstanden werden in den aufgeregten Zeiten der Pariser Studentenproteste im Mai 1968 und deren westdeutschen Ableger, dem Prager Frühling im August 1968, und dem seinerzeit noch immer andauernden Vietnamkrieg.
Hochpolitisch deshalb, weil der Film am Brennpunkt seiner Zeit den gewaltlosen Protest und eine friedliche Revolution nach dem Motto “Make love, not war” favorisiert:
Statt dumpfer Gewalt lieber mit Spott und scharfer Kritik eine verkrustete, autoritäre, bürgerlich-spiessige Welt in Frage stellen und eine ausgewogene Risikovermeidung leben:
D.h. hier und da etwas anarchistischen Sand ins Getriebe der Bürokratie streuen und dabei das Leben träumerisch mit nicht zu großem Arbeitseinsatz genießen.
Für die radikalisierten, gewaltbereiten Randgruppen in der 68er-Bewegung mag durch Nicht fummeln Liebling! der Geruch einer Palastrevolution in den eigenen Reihen in der Luft gelegen haben.
Beurteilt man die Film-Komödie Nicht fummeln Liebling! heute nur nach Enkes Wortschöpfungen, frechen Sprüchen und pseudophilosophischen Weisheiten, kann man ihr schwerlich gerecht werden.
Pressefotos und Standfotos
Im folgenden einige Pressefotos und Standfotos von Nicht fummeln Liebling!:
Digitale Restaurierung 2018 und Doppel-DVD
48 Jahre nach der Veröffentlichung fand im Jahr 2018 auch eine digitale Restaurierung des zweiten Kino-Films, Nicht fummeln Liebling!, von Werner Enke und May Spils statt.
Im Rahmen der Digitalisierungsförderung der Filmförderungsanstalt (FFA) in Berlin wurde der ganze Film in 2K-Auflösung abgetastet und für HD-Bildschirme in das 16:9-Breitbildformat umgewandelt.
Die daraufhin produzierte Doppel-DVD-Box mit 12-seitigem Booklet bietet auf der Haupt-DVD die Möglichkeit, den Film im klassischen 4:3 oder 16:9 Format abzuspielen.
Auf der zweiten DVD befindet sich umfangreiches Bonus-Material:
Original Kino-Trailer
Kurzportrait May Spils
Dokumentation “Künstler und Revolutionäre im Kleinen Bungalow”
Interview mit Werner Enke im SWR
Gespräch zum Film im Atomic-Cafe München 2016
Song Kennst Du Werner Enke ? der Hamburger Band Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen
Pressestimmen und Kritiken
Nachfolgend Pressestimmen und Kritiken zur Polizisten-Filmkomödie Nicht fummeln Liebling!:
Kurier Wien, Peter Hajek, 20.3.1970
“Die Spils/Enke Sprüche aus Zur Sache Schätzchen wurden zum fixen Bestandteil deutschen Sprachgebrauchs. In deutschen Gazetten wird seither an allen passenden und unpassenden Stellen gefummelt, abgeschlafft und zu irgendeiner Sache gebeten. Diesmal beklagt sich Hauptdarsteller Werner Enke über „viel zu viel Aktion“, trägt bisweilen „bollerige“ Hosen und fühlt sich „ausgebufft und abgelascht“, denn: „Der alte Schwung ist hin“. „Ausgebufft und abgelascht“ landete im deutschen Bundestag. Ein SPD-Abgeordneter verwendete die Begriffe in einer Attacke gegen den CSU-Rechtsaußen Franz Josef Strauß.”
Abendzeitung München, Januar 1970, Kurt Habernoll
„Zwei Jahren haben sich May Spils und Werner Enke vernünftigerweise Zeit gelassen, ehe sie ihr Opus zwei ins Kino brachten. Der neue Film ist kein „zweiter Aufguss“, sondern eine Fortsetzung von „Schätzchen“ mit ähnlichen Mitteln.“ Die Polizei ist dabei wieder eine bevorzugte Zielscheibe für Werner Enkes Spottlust. Dieser prächtige Muffelkomiker, der seinen Zustand als „ausgebufft“ und „abgelascht“ bezeichnet, und nicht müde wird zu betonen „der alte Schwung ist hin“, kann sich mit seinen Improvisations-Kunststückchen, seiner maßlos traurigen, schmerzlich bekümmerten Lustigkeit frei entfalten. Es ist kein Vorwurf, sondern eine Qualitätsbezeichnung, wenn man konstatiert: Enke kann nur Enke spielen: ein Typ wie es ihn so nur einmal gibt.“
Münchner Merkur, Januar 1970
„May Spils – nach ihrem erfolgreichem „Schätzchen“ jetzt diesem „Liebling“ freien Spielraum lassend – führt mit einer liebenswert-lässigen Unbekümmertheit Regie, die allein schon einiges an Heiterkeit garantiert. Sie erzählt keine Bildgeschichte, lässt aber auch nicht unkontrolliert herumfummeln. Sie fängt groteske Zufälligkeiten ein; belustigt sich über kurios empfundene Details bedenkenloser Konsumenten.“
Berliner Zeitung, Januar 1970
“Diese Gammlergroteske hat schon chaplineske Atmosphäre – wimmelt von überraschenden Szenen und Wort-Gags, legt bei Werner Enke ein parodistisches Talent frei. Die Frische des “Schätzchens” ist erhalten – zusätzlich aber schätzt man, mit wieviel Genauigkeit und System das scheinbar Systemlose gebaut wurde. Dem Paar Spils und Enke als Regisseurin, Darsteller und Autorenteam darf man den Ernst-Lubitsch-Preis nur gönnen.”
Filmmuseum Düsseldorf, 28.6.2012
„Noch schöner, weil versponnener, melancholischer, sogar komischer als Zur Sache Schätzchen. In der Gesellschaft von Kaufhausbrandstiftern und Wurstdieben fasst Werner Enke die Kondition des modernen Mannes in endgültig zeitlose Worte: ‘Der alte Schwung ist hin’.“
Hannoversche Allgemeine, Januar 1970
„Die junge May Spils hat tatsächlich ihren zweiten Film genauso leicht und beschwingt hingekriegt wie den ersten. Aus dem „Schätzchen“ vor zwei Jahren ist jetzt ein „Liebling“ geworden. Aus der kulleräugigen Uschi Glas wurde eine Gila von Weitershausen mit Rehblick. Entscheidend ist, dass Werner Enke als Hauptdarsteller und Pointen-Erfinder geblieben ist.“
Weitere Filmbewertungen mit Filmausschnitten (Minitrailer)
Weitere Filmbewertungen (Rezensionen) aufgelockert durch Filmausschnitte (Mini-Trailer) der Polizisten-Komödie Nicht fummeln Liebling! gibt`s in folgendem Youtube-Video: